Politik

Kritik an Bundesregierung nach gescheiterter Rüstungsfusion

GDN - Die Fusion zwischen dem europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS und dem britischen Rüstungsunternehmen BAE Systems ist offenbar trotz weitreichender angebotener Zugeständnisse an die deutsche Bundesregierung gescheitert. Wie die "Welt am Sonntag" berichtet, war EADS bereit, nahezu alle Forderungen der Bundesregierung zu erfüllen, die das Kanzleramt in einem Papier vom 28. September gestellt hatte.
Lediglich in der Frage, wo das Hauptquartier des fusionierten Konzerns seinen Sitz haben sollte, lagen die Vorstellungen auseinander. In diesem einseitigen Papier mit dem Namen "Requirements for Federal Goverment approval" hat die Bundesregierung erstmals zweieinhalb Monate, nachdem sie vom Fusionsvorhaben offiziell in Kenntnis gesetzt wurde, acht konkrete Bedingungen gestellt, unter denen sie bereit wäre, dem Zusammenschluss zuzustimmen. Demnach sollte die Fusion unter anderem keine negativen Auswirkungen auf Standorte und Beschäftigung haben; bestimmte sicherheitskritische Technologien sollten unter deutscher Aufsicht bleiben; im Aufsichtsrat sowie dem Vorstand des Unternehmens sollte Deutschland ausgewogen vertreten sein und der Standort Hamburg zum Kompetenzzentrum für Airbus-Kurzstreckenflugzeuge werden. All das sollte rechtlich verbindlich fixiert werden. Die Forderungsliste war EADS nicht direkt von der Bundesregierung zugestellt worden, sondern richtete sich an die französische Regierung. Dennoch nahm EADS-Chef Tom Enders noch am 2. Oktober dazu Stellung und signalisierte Zustimmung in fast allen Punkten. Lediglich zur Bedingung, ein "Operational Group Headquarters" mit dem Büro des Vorstandschefs sowie Stabsabteilungen für Finanzen, Strategie und Personal im bayerischen Ottobrunn anzusiedeln, äußerte sich Enders skeptisch. EADS plante stattdessen, dass der fusionierte Konzern seinen Sitz in Toulouse haben sollte. Die Rüstungssparte wäre vom derzeitigen Sitz von BAE Systems in London aus gesteuert worden. Allerdings hat es über diesen offenen Punkt genauso wie über die anderen sieben Punkte zu keinem Zeitpunkt konkrete Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und EADS gegeben. Mit der britischen und der französischen Regierungen hatten sich BAE Systems und EADS hingegen auf weitreichende Zugeständnisse geeinigt. Am 10. Oktober hatten die EADS sowie BAE Systems die Verhandlungen über eine Fusion beendet. Sie begründeten das damit, dass sie sich nicht mit den Regierungen auf eine gemeinsame Basis hätten verständigen können. Tags zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gegenüber dem französischen Staatspräsidenten Francois Hollande von einem Scheitern der Verhandlungen gesprochen. Heftige Kritik kam von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer: "Ich halte das für sehr problematisch. Die Ursachen für das Scheitern liegen in Berlin und gewiss nicht in München", sagte der CSU-Parteivorsitzende dem "Spiegel". "Ich bin der Meinung, dass sich die Politik aus dem strategischen und operativen Geschäft von Unternehmen herauszuhalten hat." Er habe darauf vertraut, dass EADS-Chef Thomas Enders im Falle einer Fusion auf die deutschen Standorte achte. In Bayern liegen große Produktionsstätten von EADS, besonders im Rüstungsbereich. "Natürlich habe ich ein großes Interesse am Standort München", sagte Seehofer, "aber dessen Zukunft ist dann am größten, wenn EADS eine gute Zukunft hat. Mich hat Enders’ Argument überzeugt, dass der Konzern eine gewisse Größe braucht, um auf dem Weltmarkt zu bestehen." Seehofer stellt sich damit in Widerspruch zur Position der Bundesregierung. Diese will auch künftig nicht darauf verzichten, politisch Einfluss zu nehmen. Zwar werde man keinen Politiker oder Beamten in den Verwaltungsrat schicken, aber einen Experten, "der Klartext redet", heißt es in der Koalition. Die Regierung sah deutsche Fabriken und Arbeitsplätze bei einer Fusion als gefährdet an und ließ die Verhandlungen deshalb platzen. "Unter den von den Unternehmen vorgeschlagenen Konditionen hätte eine Fusion weder den Technologiestandort Deutschland noch das Unternehmen insgesamt nach vorn gebracht", sagte Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP).
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